Ratgeber

Liquidität in der Corona Krise

Disclaimer: Die in diesem Ratgeber angeregten Inhalte stellen keine Rechts- oder Steuerberatung dar. Für die individuelle Prüfung von Anliegen empfiehlt sich eine persönliche Beratung, die dieser Ratgeber nicht ersetzen kann.

1. Einleitung: Worauf es bei der Corona Krise für Kreditnehmer ankommt

Liquidität ist in der Coronakrise das Schlüsselwort. Wer durch Kurzarbeit oder wegbrechende Einnahmen aus Selbstständiger, Freiberuflicher oder gewerblicher Tätigkeit betroffen ist, kann aktuell nicht abschätzen, ob dies nur eine kurze vorübergehende Phase oder eine doch zumindest mittelfristige oder im schlimmsten Fall, langfristige Problematik darstellt.
Genau das verunsichert viele und erschwert die Entscheidungsfindung, wie mit der Situation umzugehen ist und welche Maßnahmen geeignet sind, den Liquiditätsbedarf zu decken.

Fakt ist: Bei einem Kreditantrag muss die tatsächliche aktuelle Situation wahrheitsgemäß angegeben werden.

Kurzarbeitergeld oder ein bereits vorliegendes Abfindungsangebot, eine Kündigung oder der erhebliche Wegfall von laufenden Einnahmen werden von einer kreditgebenden Bank zur Beurteilung der Solvabilität berücksichtigt.

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2. Wann Kredit beantragen?

Das hängt natürlich in erster Linie vom Geldbedarf ab. Oftmals können Haushalte aber durchaus auch den Zeitpunkt gestalten, wenn genügend Spielraum im Haushaltseinkommen vorhanden ist. Im Hinblick auf die zu erwartende Veränderung der Einkommenssituation empfiehlt sich jedoch eine eher schnellere Kreditaufnahme, wenn erwartet wird, dass die Einnahmen in Zukunft weiter deutlich sinken. In jedem Fall sollte eine unnötige Kreditaufnahme vermieden werden um nicht Zinsen auf Kredite bezahlen zu müssen, die nicht beötigt werden.
Ein Warnsignal ist die dauerhafte Nutzung von Überziehungskrediten. Diese sind besonders teuer und variieren je nach Bank sehr stark. Laut einer Meldung der FAZ vom 22.9.2020 ergab eine Studie von Check24, dass die Zinssätze für Überziehungskredite bei etwa 9,79 Prozent im Durchschnitt liegen. Teurer sind nur noch echte Kreditkartenkredite mit 15,92 Prozent (siehe Bundesbank MFI Zinsstatistik 07/2020 vom 2.9.2020).
Wer dauerhaft auf Dispokredite oder Kreditkartenkredite in nicht unerheblicher Größenordnung angewiesen ist, der sollte sich dringend nach Alternativen umsehen, besser natürlich vorher.

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3. Einnahmeausfälle: Wie gehe ich damit um?

In Corona-Zeiten müssen betroffene Haushalte zusammenrücken. Gibt es in einem Haushalt mehr als ein Einkommen, dann sollte man sich zusammen setzen und ausrechnen, wie weit das eine Einkommen reicht und wieviel Monate man gemeinsam durchhält. Da gilt es klar Haushaltsausgaben zusammen zu streichen und Anschaffungen erst einmal zurück zu stellen. Gehen Sie ganz pragmatisch vor, z.B. in dem Sie alle Ausgaben in einem Haushaltsbuchg erfassen und laufend dieses Haushaltsbuch weiter führen. Das kann helfen Fixkosten zu identifizieren und Ausgabenposten zu quantifizieren. So decken Sie Einsparpotential auf. Das gilt auch, wenn nur ein Einkommen da ist. Streichen Sie konsequent nicht notwendige Ausgaben.
Wenn die Zahlen nicht sofort ins Auge springen, können Sie auch die Werte für die Ausgaben in den nächsten 12 bis 36 Monaten summieren, identisch verfahren Sie mit den zu erwartenden Einnahmen.
Eine wichtige Frage bei der Beurteilung der Ausgaben und der Vermögensgegenstände ist dabei immer: welche Versicherungen (z.B.) benötige ich noch, was kann ich kündigen und was ist mit Kapitalanlagen, kann ich diese für meinen Geldbedarf “flüssig machen”?

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4. Kapitallebensversicherung: Kann das weg oder rechnet sich das noch?

Eine Möglichkeit der Liquiditätsbeschaffung kann sein, bestehende Vermögenswerte zu Geld zu machen. Das können Festgeldanlagen, Aktiendepots oder auch eine bestehende Kapitallebensversicherung sein. Während die Entscheidung bei Festgeldanlagen recht einfach sein dürfte, lohnt es sich bei Lebensversicherungen über die weitere Vorgehensweise nachzudenken.
So ist der Abschluss einer Lebensversicherung immer mit Kosten verbunden und in fast allen Fällen gehen mit dem Abschluss der Versicherung zusätzliche Risikoabsicherungen einher. Bei einer einfachen Kündigung erhält der Versicherungsnehmer den vom Versicherer berechneten Rückkaufswert. Rückkaufswert bedeutet nicht die Verzinsung der gezahlten Beiträge! Sondern Rückkaufswert ist ein nach versicherungsmathematischen Vorgaben berechneter Wert, der die beim Versicherer enstandenen Kosten berücksichtigt. Dabei ist der Wert sehr stark abhängig zu welchem Zeitpunkt eine Versicherung gekündigt wird. Wer genau nachrechnen will, der sollte sich vom Versicherer die Summe der eingezahlten Beiträge bis zum Kündigungsstichtag ausrechnen lassen.
Die Kündigung einer Lebensversicherung scheint im Bedarfsfall auf den ersten Blick naheliegend. Aber diese Entscheidung sollte nicht allzu schnell und schon gar nicht leichtfertig getroffen werden. Denn die Verluste lassen sich vermeiden und man kommt dennoch an sein Geld, wenn man die Lebensversicherung statt zu kündigen, einfach nur beleiht.

Eine Kündigung sollte man daher besser vermeiden, vor allem dann, wenn das Geld nur für einen überschaubaren Zeitraum benötigt wird.
Es gilt daher zunächst heraus zu finden, ob die Police langfristig benötigt wird und schon deshalb eine Kündigung vermieden werden sollte.

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4.1.Brauche ich langfristig die Lebensversicherung?

Überlegen Sie zunächst einmal, warum Sie seinerzeit überhaupt eine Lebensversicherung abgeschlossen haben.
Gibt es weitere in die Lebensversicherung eingeschlossene Zusatzversicherungen, wie z.B. eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder ein erweiterter Todesfallschutz?
Nehmen SIe dazu am besten Ihren Versicherungsschein und die letzte Wertmitteilung der Versicherung zur Hand. So bekommen Sie einen Überblick über die aktuellen Leistungen Ihrer Police.
Im Folgenden müssen Sie nun ehrlich abhaken, ob

  • der aktuelle Absicherungsbedarf weiterhin besteht,
  • welchen Beitrag die Police für Ihre künftige Altersversorgung leisten soll bzw. muss,
  • der momentan gezahlte Beitrag und die Zahlungsweise Ihrer Situation angemessen ist.

Sofern die Police nach Ihrer kritischen Würdigung noch einen Zweck für Ihre gegenwärtige Absicherung oder ihre künftige Altersvororge hat, lohnt es sich über ALternativen zu einer Kündigung nachzudenken.

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4.2. Alternative LV-Kredit

Statt der Kündigung der Altersvorsorge können Sie die Police beleihen. Dabei erhalten Sie eine Auszahlung bis zum aktuellen Wert Ihres Vertrages (Rückkaufswert). Der Vorteil: Die Police verzinst sich weiter, weil der im Vertrag angesparte Deckungsstock nicht angefasst wird. Gerade für Policen mit hohen Garantiezinsen bdeutet das nicht mehr und nicht weniger als dass die Police sich je nach Tarifgeneration besser verzinst als die Beleihung an Zinsen kostet.

Das hört sich im ersten Moment seltsam an: Auf das eigene Geld einen Kredit aufnehmen? Aber was kompliziert klingt ist tatsächlich in der praktischen Umsetzung recht einfach und macht auch Sinn! Um den Vorteil einer Beleihung zu verstehen muss man sich vergegenwärtigen, dass gerade bei langlaufenden Lebensversicherungen, sich der eigentliche Ertrag erst im letzten Drittel der Laufzeit so richtig entfaltet. Denn dann sind der Großteil der Kosten abgehakt und bei Policen älterer Generationen werden nach den alten Tarifen hohe Zinsen gezahlt, daüberhinaus bestehen auch steuerliche Vorteil (bei Abschluß vor dem 1.1.2005).

Für eine schnelle Verbesserung Ihrer Liquidität kann man zusätzlich auch die Beitragszahlung anpassen. Zunächst sollten jedoch eventuelle dynamische Erhöhungen gekündigt werden. So wird die weitere Beitragserhöhung gestoppt. Eine weitere Möglichkeit ist die Beitragsstundung, dann muss der ausgesetzte Beitrag aber später nachgezahlt werden. Ist die Einnahmesituation voraussichtlich dauerhaft erschwert, kommt auch eine Beitragsfreistellung in Frage. Dann wird die Versicherungssumme angepasst, immerhin bleibt das bereits angesparte Guthaben unangetastet.
Auch beitragsfreie Policen lassen sich beleihen.

Antrag auf Policendarlehen

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5. Zusammenfassung

Wer in der aktuellen Coronakrise durch Arbeitslosigkeit oder durch Verlust der Selbstständigen Existenz bedroht ist, der sollte rasch seine Handlungsoptionen prüfen und Kostenfaktoren abbauen. Bei dem Einsatz von vorhandenen Vermögen, wie z.B. bestehenden Kapitallebensversicherungen bestehen verschiedene Möglichkeiten. Vor einer Kündigung sollten Versicherungsnehmer auf jeden Fall die Beleihung des Rückkaufswertes prüfen und durchrechnen. Die Beleihung dürfte in vielen Fällen besser als die Kündigung der Versicherung sein, denn mit der Kündigung sind in der Regel erhebliche Verluste verbunden.
Auch beitragsfrei gestellte Policen oder solche mit Einmalbeitrag lassen sich beleihen.

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